An einem trüben, nassen, einfach ekligen Regentag im Spätherbst 2003 machte ich meine erste Bekanntschaft mit dem Friedwald Michelstadt.
Bis dahin kannte ich den Friedwald eigentlich nur von dem Papier, nämlich um es genau zu sagen als Adresse, an die ich meine Bewerbung als freie Trauerrednerin genauso schickte, wie an andere Bestattungsunternehmen auch.
Bis dahin hatte ich mir auch keine weiteren Gedanken zu einem Friedwald gemacht. Irgendwie fiel er eben in die Kategorie "möglicher Einsatzort".
Daß der Friedwald Michelstadt damals gerade erst quasi eröffnet wurde, nämlich 2002, wußte ich zu dieser Zeit nicht.
Ich hatte mir auch überhaupt keine Gedanken darüber gemacht wie der Friedwald aussieht und was einen erwartet. Auch über diese damals noch neue Bestattungsform hatte ich bis dahin nichts gehört.
Irgendwann mit zunehmender Medienpräsenz dämmerte mir, daß die Bezeichnung Friedwald nicht für einen klassischen Bestatter steht und daß es da etwas Neues gab.
Und irgendwann mußte ich mich mit diesem "Neuen" auseinandersetzen und das wollte ich gerne erledigt haben, bevor eine Anfrage bezüglich einer Trauerrede kam. Also nahm ich mir eines Tages etwas Zeit und fuhr zu einer Art "Besichtigung".
Und ehrlich: Ich war richtig enttäuscht damals und mußte mir eingestehen, daß man von einem Wald eben nichts anderes erwarten kann als Wald zu sein. Und ein Wald besteht nun mal aus vielen Bäumen, die im Herbst ohne Laub etwas kahl aussehen. Der Regen tropft überall durch, Gestrüpp am Boden gehört auch dazu, genauso wie Matsch und Schlamm.
Es war damals schon etwas gegen Abend als ich meinen "Rundgang" starten wollte und als ich die Straße hoch lief und in den Wald sah, stand da auf einem Baumstumpf eine Tonschale ohne Blumen. Es sah etwas grotesk aus, traurig und der Wald schien irgendwie "hilflos" zu wirken. Ich hatte nach ein paar Schritten genug gesehen und legte auch keinen Wert darauf bei diesem Wetter tatsächlich Waldwege (dabei bleibt es ja nicht) zu betreten.
Das sollte ein Friedhof - also Friedwald sein? Es hätte auch die perfekte Kulisse für einen Krimi sein können, zumal bei der damaligen Wetterlage.
Als ich wieder zum Parkplatz ging kamen aus dem Waldweg unterhalb zwei Männer, die mich freundlich grüßten, als seien wir alte Bekannte. Ich grüßte zurück, stieg dann mit ziemlich vielen Gedanken und Fragen zu meinem ersten Eindruck ins Auto und fuhr heim.
Jetzt muß man natürlich sagen, daß auch der Friedwald damals noch neu in Deutschland und gerade erst eröffnet, quasi auch noch in den "Kinderschuhen" steckte. Inzwischen hat sich viel getan, denn auch wenn man es noch so gerne möchte, eine Bestattung in einem komplett naturbelassenen Wald entspricht dann doch nicht ganz unseren Erwartungen.
Und so war es auch kein Wunder, daß Förster, Pfarrer (die sich zu beginn komplett verweigerten) und eben auch freie Redner in der ersten Zeit (heute teilweise auch noch) kuriose Dinge erlebten. Aber wir alle lernten mit den Eigenheiten (im Wald eigentlich Normalitäten) und den Anfangsschwierigkeiten umzugehen, vorbereitet zu sein (dazu später mehr), vorausschauend zu handeln und auch Angehörige immer wieder und sehr deutlich auf den Wald und die Besonderheiten einer Beisetzung im Wald hinzuweisen.